Brustkrebs

Patientenkompetenz: die Patientin in der Hauptrolle

Kompetente Brustkrebs-Patientinnen können ihre Therapie mitgehalten

Spoiler

  • Mit sozialen Kontakten, Hobbies oder Bewegung lassen sich Körper und Seele pflegen.
  • Patientenkompetenz heisst auch, über medizinische Therapien informiert zu sein und sich aktiv dafür oder dagegen zu entscheiden.
  • Ein langes Gespräch mit dem Arzt kann der Patienten helfen, ihre Lebenssituation und ihre Wünsche besser zu verstehen.

Sie ist unheilbar an Brustkrebs erkrankt. Trotzdem geniesst die Patientin, nennen wir sie Frau Hofer, das Leben in vollen Zügen. Sie fährt in der Schweiz herum, besucht ihre Freundinnen, geht gut essen, trinkt gern einen feinen Tropfen. «Frau Hofer ist eine sehr kompetente Patientin», sagt Dr. med. Christa Baumann. Die Fachärztin für Onkologie am Lindenhofspital in Bern pflegt seit Jahren eine grosse Sensibilität für die Patientenkompetenz.

Patientenkompetenz: eigenbestimmt bleiben

«Eine kompetente Patientin lebt trotz Krankheit ihr normales Leben weiter. Sie weiss, wohin sie geht und was sie für sich tun will.» Patientinnen wie Frau Hofer betreut Dr. Baumann unzählige. «70 bis 80 Prozent der Patientinnen legen eine hohe Kompetenz an den Tag, wenn ihr Umfeld dabei hilft», schätzt Dr. Baumann.

Der Umgang mit der Krankheit spielt bei der Patientenkompetenz eine wesentliche Rolle. «Eigentlich sind Sie ja gesund, Sie haben einfach ein Problem in Ihrer Brust», meint Dr. Baumann zu einer Brustkrebspatientin. Und sie empfiehlt ihr, die zahlreichen gesunden Teile ihres Körpers, aber auch die Seele zu hegen und zu pflegen – etwa mit Sport, mit gesunder Ernährung, beim Musikspielen, in der Natur oder bei der gemeinsamen Zeit mit Freunden und Familie. Dabei erlebt die Onkologin oft, dass Leute aufgrund ihrer Empfehlung mehr für ihre Gesundheit tun als vor der Diagnose. «Ich bin erstaunt, wie nachhaltig eine Krebstherapie sein kann.»

Ein langes, strukturiertes Gespräch

Für Erkrankte, die mehr Patientenkompetenz gewinnen möchten, bietet Dr. Baumann – als eine von wenigen Krebsärzten in der Schweiz – ein anderthalbstündiges, strukturiertes Gespräch an. «Die Leute sind beeindruckt, dass man sich so viel Zeit nimmt für sie», erklärt die Ärztin.

Beim Gespräch wird die Lebenssituation erörtert, wobei die Patientin die Hauptrolle spielt. Wenn jemand zum Beispiel sagt, dass sie raucht, aber nicht aufhören will, ist das Thema für die Ärztin erledigt. Alternative Methoden wie etwa Yoga oder chinesische Therapien werden ebenfalls angesprochen. Ziel des Gespräches sei eine Reduktion auf das Wesentliche, sagt die Ärztin. «Die Patientin soll nicht möglichst viel machen, sondern vor allem das, was sie als richtig empfindet.»

Noch einmal Australien sehen

Dr. Baumann lässt der Patientin beim Gespräch viel Raum. «Es ist unglaublich, was dort zum Vorschein kommt.» So erzählte etwa die unheilbar kranke Patientin Frau Müller, dass sie sich sehnlichst eine dreimonatige Reise nach Australien wünscht. «Solche Ziele müssen Platz haben in der Therapie», führt die Ärztin aus. Sie baute die Therapie so auf, dass es der Patientin drei Monate gut ging. Hätte Frau Müller keine Patientenkompetenz und ihre Bedürfnisse gegenüber der Ärztin nicht geäussert, wäre diese Reise – die letzte ihres Lebens – wohl nicht möglich geworden.

Unter Patientenkompetenz versteht man

  • sich den Herausforderungen der Erkrankung zu stellen
  • sich auf die eigenen Ressourcen zur Krankheitsbewältigung zu besinnen
  • dabei auch persönliche Bedürfnisse zu berücksichtigen
  • eigene Zielvorstellungen zu verfolgen und
  • Autonomie zu wahren.

Allen Frauen rät Dr. Baumann: «Entscheiden Sie sich für eine medizinische Therapie erst dann, wenn Sie sie verstanden haben und dahinter stehen können. Prägen und beeinflussen Sie Ihr physisches, berufliches, soziales und seelisches Umfeld, damit Ihr gesunder Körper und Ihr gesundes Umfeld zum Tragen kommen.»

Anlaufstellen zur Patientenkompetenz-Beratung:

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